Zentrale Ausnüchterungseinheit (ZAE)
 

Zentrale Ausnüchterungseinheit (ZAE)

ZelleAm 4. Dezember 2001 wurde die Zentrale Ausnüchterungseinheit (ZAE) im Polizeigewahrsam der Landespolizeidirektion Stuttgart II an der Hahnemannstraße offiziell ihrer Bestimmung übergeben. Mit der Zentralen Ausnüchterungseinheit wird in der Landeshauptstadt die medizinische Versorgung von betrunkenen oder auf Grund Drogenkonsums Hilflosen in den Zellen des Polizeigewahrsams an der Hahnemannstraße deutlich verbessert. Polizei und Krankenhäuser werden dadurch entlastet. Die Polizeibeamten sind damit von einer jahrelangen Aufgabe entbunden worden, für die sie nicht ausgebildet, aber zwangsläufig zuständig waren. Todesfälle und die fehlende medizinische Betreuung im Polizeigewahrsam führten dazu, dass die Polizei und die Stadt Stuttgart das Projekt initiierten.

Blick zum ZellengangDie Zentrale Ausnüchterungseinheit, die seit 1. November 2001 in Betrieb ist, stellt neben der Hamburger Zentralambulanz für betrunkene hilflose Personen, die von einem Landeskrankenhaus betrieben wird, die einzige derartige Einrichtung in der Bundesrepublik dar. Für das Land Baden-Württemberg, vertreten durch die Landespolizeidirektion Stuttgart II, unterzeichnete Polizeipräsident Dr. Martin Schairer den Kooperationsvertrag mit der Ärzteschaft Stuttgart und deren Verein Notfallpraxis Stuttgart e.V. sowie mit einem in der Stadt ansässigen Pflegedienst.

Videoüberwachte Ausnüchterung

Überwachung der ZellenDie Zentrale Ausnüchterungseinheit verfügt über 15 videoüberwachte Plätze in insgesamt acht Zellen. Es gibt zwei Räume, die mit jeweils vier Männern belegt werden können. Für Frauen wurde eine Doppelzelle eingerichtet. In fünf Einzelzellen können renitente Personen überwacht werden. Die Zellen sind mit Fußbodenheizung ausgestattet. Eine Zwangsbe- und Entlüftung sorgt mittels leichtem Unterdruck dafür, dass stickige Luft abzieht und nicht auf den Flur entweicht. Um die Zellen besser reinigen zu können, wurden sie mit spezieller Bodenbeschichtung sowie Wandfarbe versehen und können auch dampfgestrahlt werden. Eine Gegensprechanlage ermöglicht es, sowohl von der Wache wie auch vom Videoüberwachungsraum aus, Kontakt zu den Hilflosen aufzunehmen.

Personal

Das UntersuchungszimmerIn der Zentralen Ausnüchterungseinheit versehen ein Arzt oder eine Ärztin und Pflegepersonal gemeinsam mit Polizeibeamten ihren Dienst. Die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten sind für den allgemeinen Dienstbetrieb, die Aufnahme und die Entlassung sowie für die mit dem Gewahrsam verbundenen rechtlichen Eingriffsmaßnahmen zuständig. Die Mediziner können kritische Gesundheitszustände der Hilflosen oder eventuell während der Ausnüchterung auftretende Komplikationen rechtzeitig erkennen und sofort mit der medizinischen Versorgung beginnen. Zu ihren Aufgaben gehört u.a.

        • die ärztliche Eingangsuntersuchung (Haftfähigkeitsuntersuchung) bei allen Hilflosen, denen die Freiheit entzogen wird
        • die medizinische Überwachung der zur Ausnüchterung in die ZAE gebrachten Personen, insbesondere durch die regelmäßige Kontrolle der Vitalfunktionen und eine ununterbrochene Monitorüberwachung gemeinsam mit dem Pflegepersonal; gegebenenfalls werden sie von den Polizeibeamten unterstützt
        • die primäre Notfallversorgung und
        • die Entnahme aller polizeilich angeordneten Blutproben, unabhängig davon, ob die Person anschließend in die Zentrale Ausnüchterungseinheit aufgenommen wird
        • die Feststellung der Entlassfähigkeit
Der MedikamentenschrankArzt und Pfleger garantieren die Betreuung in der Zentralen Ausnüchterungseinheit täglich von 19.00 Uhr bis 07.00 Uhr. Auf diesen nächtlichen Zeitraum entfallen 75% aller hilflos aufgegriffenen Personen, die in Gewahrsam genommen werden müssen. Im Notfall sind die Mediziner und Pfleger im Polizeigewahrsam sofort zur Stelle und gewährleisten optimale medizinische Versorgung auch bei Verletzungen. Tagsüber nehmen wie bisher niedergelassene Ärzte oder Ärzte in Krankenhäusern Untersuchungen hinsichtlich Haftfähigkeit sowie Blutentnahmen vor.

Rückblick

Übliche ZellenSeit 1973 bemühten sich alle verantwortlichen Behörden und Institutionen um eine bessere Betreuung der in den Polizeigewahrsam eingelieferten hilflosen Personen. Allein im Jahr 2000 waren 5 996 Menschen im Polizeigewahrsam an der Hahnemannstraße vorübergehend untergebracht; davon 1 890 Betrunkene und unter Drogen- bzw. Medikamenteneinfluss stehende Personen. Der Personenkreis derjenigen, die ausgenüchtert werden müssen, wird von Jahr zu Jahr größer. Obwohl jede Person vor ihrer Aufnahme ärztlich untersucht wurde und wenn notwendig individuelle Überwachungszeiten - auch nach Vorgaben der Ärzte - eingehalten wurden, starben zwischen 1986 und 1999 19 Menschen in den Zellen; vierzehn von ihnen infolge Alkoholmissbrauchs und ein weiterer infolge Drogeneinwirkung.

Das Projekt "Ärztliche Betreuung der Zentralen Ausnüchterungseinheit Stuttgart" wurde von der Jury des Qualitätsförderpreises Gesundheit Baden-Württemberg im Rahmen des Gesundheitsforums Baden-Württemberg am 18.12.2002 mit einem Sonderpreis prämiert.

Text: Landespolizeidirektion Stuttgart II

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